Die chronische induzierbare Nesselsucht wird fast immer durch äußere Reize ausgelöst. Druck durch enge Kleidung, aber auch Wärme, Licht und bestimmte Substanzen in Lebensmitteln und Medikamenten können die Auslöser sein. Falls du infolge solcher Reize bei dir Symptome feststellst, konsultiere eine*n Ärzt*in.
Inhaltsverzeichnis:
Die chronische induzierbare Nesselsucht – das steckt dahinter
Die chronische induzierbare Nesselsucht (oder chronische induzierbare Urtikaria, cindU) bezeichnet eine Nesselsucht-Form, für die eindeutige Auslöser identifiziert werden können – zum Beispiel physikalische Reize wie Licht und Reibung, aber auch Kontakt mit bestimmten Substanzen.1,2
Wie alle Formen der Urtikaria ist auch die chronische induzierbare Nesselsucht keine Hautkrankheit, auch wenn sie oft so genannt wird. Sie ist vielmehr eine systemische Krankheit, die den gesamten Körper, also das ganze „System“, betrifft. Auffällig sind diese typischen Hautsymptome:1,2
- Quaddeln: Die weißlichen Erhebungen der Haut sind von dem geröteten Bereich (Reflexerythem) rundherum klar abgegrenzt. Sie gleichen den Symptomen nach Hautkontakt mit Brennnesseln. Sie können unterschiedlich groß sein und entstehen durch Flüssigkeitsansammlungen in den oberen Hautschichten. Manchmal treten in den geröteten Bereichen nur kleine, ebenfalls rötliche und stark juckende Pusteln auf. Die Schwellungen bilden sich innerhalb von 30 Minuten bis 24 Stunden zurück. Dauern sie einige Stunden an, entwickeln sie eine rötlich-bräunliche Färbung.
- Jucken: Sowohl bei Quaddeln als auch bei Angioödemen macht sich – unter Umständen starkes – Jucken bemerkbar. Es kann Schlafstörungen verursachen und so die Betroffenen zusätzlich belasten.
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- Angioödeme: Auch diese Schwellungen gehen auf Flüssigkeitsansammlungen zurück – aber in tieferen Hautschichten. Die Ränder der Schwellung sind nicht so deutlich ausgeprägt und die betroffenen Bereiche nicht rötlich gefärbt. Bei einer Urtikaria treten sie in erster Linie im Gesicht sowie an Händen und Füßen, aber auch anderen Körperstellen auf, z. B. im Genitalbereich. Besonders im Kopf-Hals-Bereich können die Angioödeme sehr unangenehm sein. Allgemein gilt: Sollten Atemnot oder Kreislaufprobleme auftreten oder stark beeinträchtigende Schwellungen am Körper entstehen, sollte eine notfallmedizinische Untersuchung erfolgen. Ein Facharzt der Notfallmedizin kann mit Medikamenten schnell die Symptome lindern. Angioödeme halten zwischen 48 bis 72 Stunden an. Kribbeln, Brennen, Spannungsgefühl, manchmal Schmerzen und selten Jucken sind weitere Begleiterscheinungen von Angioödemen.
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Die unterschiedlichen Formen einer chronischen induzierbaren Nesselsucht
Die chronische induzierbare Nesselsucht lässt sich nach den Reizen, die sie auslösen, unterteilen. Die größte Untergruppe bilden die physikalischen Reize:1,2
Kälteurtikaria: Diese Form der chronischen induzierbaren Nesselsucht wird durch Kälte hervorgerufen, beispielsweise durch Barfußlaufen auf kalten Fliesen oder das Anfassen kalter Flaschen aus dem Kühlschrank. Bei dem*der spezialisierten Hautärzt*in kann mit einem Test überprüft werden, ob die Urtikaria durch den Kältereiz ausgelöst wird und wo die Schwellentemperatur liegt. Die ist für die Erkrankten wichtig, um beispielsweise Getränke nicht zu stark zu kühlen oder sich bei Außentemperaturen unterhalb der Schwellentemperatur ausreichend warm anzuziehen. Ob die Quaddeln bereits bei einer Temperatur von 20 Grad auftreten oder erst, wenn es kälter als 4 Grad wird, macht im Alltag einen großen Unterschied.
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Lichturtikaria: Die Lichturtikaria wird durch Lichteinwirkung, besonders durch Sonnenlicht ausgelöst. Die dem Sonnenlicht ausgesetzten Hautpartien reagieren nach wenigen Minuten mit Quaddelbildung, Rötung und mit Jucken. Diese Form der Urtikaria wird auch Sonnenurtikaria oder solare Urtikaria genannt, hat aber mit der Sonnenallergie nichts zu tun. Manche Menschen reagieren auf den sichtbaren Anteil des Sonnenlichts, andere auf die unsichtbaren UV-Strahlen. Ein Test bei dem*der Hautärzt*in hilft die auslösenden Bereiche des Lichtspektrums zu identifizieren. Lichtundurchlässige Kleidung sowie der Einsatz von Sonnenschutzcremes mit hohem Lichtschutzfaktor helfen, die Symptome zu reduzieren.
Symptomatischer Dermographismus (Urticaria factitia): Reiben und Kratzen sind die Auslöser dieser Urtikaria-Form. Die Bezeichnung symptomatischer Dermographismus (Hautschrift) stammt von dem Phänomen, dass Betroffene regelrecht auf ihrer Haut „schreiben“ können. Aus den mit Druck geschriebenen Buchstaben entwickeln sich Quaddeln in der Buchstabenform. Bei einigen Menschen mit dieser Urtikaria-Form reicht das Reiben von Kleidungsstücken oder das Abtrocknen mit einem Frottee-Handtuch, um die Symptome auszulösen. Bei anderen muss man fest kratzen, um die Symptome hervorzurufen. Der symptomatische Dermographismus ist eine der häufigsten Urtikaria-Formen.2,3
Wärmeurtikaria: Bei der Wärmeurtikaria löst der direkte Kontakt mit warmem Wasser (zum Beispiel heißes Duschen), Gegenständen oder warmer Luft (Temperaturen von 38 bis 50 Grad Celsius, etwa beim Föhnen) die Urtikaria-Symptome aus.
Verzögerte Druckurtikaria: Um diese seltene Nesselsucht-Form auszulösen, muss Druck auf eine Hautstelle einwirken, beispielsweise durch das Tragen einer schweren Umhängetasche. Die Schwellungen, die durch die Druckeinwirkung ausgelöst werden, entstehen erst nach einigen Stunden tief im Gewebe und werden von einer Rötung begleitet. Bei Verdacht auf eine Druckurtikaria führt der*die Hautärzt*in einen Test durch, bei dem ein genormtes Gewicht mit einer münzgroßen Oberfläche für eine Viertelstunde auf eine Hautstelle am Arm oder Oberschenkel drückt. Bei einem positiven Testergebnis entsteht nach einigen Stunden dort, wo das Gewicht auf die Haut eingewirkt hat, eine mit Rötung einhergehende Schwellung.
Vibrationsurtikaria: Bei dieser seltenen Form der Urtikaria werden die Symptome durch Vibration ausgelöst, beispielsweise beim Arbeiten mit einem Presslufthammer oder beim Rasenmähen. Meist sind Angioödeme die vorherrschenden Symptome. Ein Test, ob Vibrationen die Urtikaria auslösen, kann mit einem laufendenden Mixer durchgeführt werden.
Weitere Formen sind:2
Cholinergische Urtikaria: Diese Form der Urtikaria wird durch erhöhte Körpertemperatur ausgelöst. Die Haut reagiert zuerst mit Juckreiz, anschließend mit kleinen Quaddeln und Rötungen – vor allem am Hals und am Oberkörper. Auch warme Kleidung, ein heißes Bad, Sport, scharfe Gewürze und Stress können die Hautreaktion auslösen. Der*Die *Ärzt*in kann einen Belastungstest auf einem Fahrradergometer durchführen, bei dem der*die Patient*in in die Pedale tritt, bis er*sie zu schwitzen beginnt. Dann muss er*sie noch 20 Minuten schwitzend weiterradeln: Je eher die Symptome auftreten, desto schwerer ist die cholinergische Urtikaria. Die genauen Ursachen dieser Form sind nicht bekannt. Es wird vermutet, dass die erhöhte Körpertemperatur durch die Freisetzung von Botenstoffen ausgelöst wird und nicht durch den physikalischen Reiz von Umgebungswärme.2
Kontakturtikaria: Bei dieser Urtikaria-Form verursacht Hautkontakt mit einer bestimmten Substanz (zum Beispiel manche tierischen und pflanzlichen Allergene, aber auch einige Medikamente und Chemikalien) innerhalb von wenigen Minuten Quaddeln in dem betroffenen Bereich.
Aquagene Urtikaria: Bei dieser sehr seltenen Variante ist Kontakt mit Wasser jeglicher Temperatur der Auslöser der Symptome. Ursache ist vermutlich ein wasserlösliches Allergen in der obersten Hautschicht, das durch den Wasserkontakt freigesetzt wird und Fehlreaktionen des Immunsystems auslöst.
Bei vielen Betroffenen gibt es einen klar identifizierbaren Auslöser, bei anderen sind es mehrere Reize, die die Symptome auslösen können.1,2 Eine chronische induzierbare Urtikaria tritt unter Umständen auch zusammen mit der chronischen spontanen Variante auf.
Hier erfährst du, wie der*die Ärzt*in bei der Diagnose vorgeht, um die Auslöser deiner Urtikaria zu ermitteln.
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Quellen (zum Aufklappen hier klicken)
- Zuberbier et al. Deutsche S3-Leitlinie zur Klassifikation, Diagnostik und Therapie der Urtikaria, adaptiert von der internationalen S3-Leitlinie, 2022. AWMF-Leitlinienregister (013-028). URL: https://register.awmf.org/assets/guidelines/013-028l_S3_Klassifikation-Diagnostik-Therapie-Urtikaria_2022-04.pdf. Zugriff am 31.07.2023.
- Internetseite des UNEV - urticaria network e.V. URL: URL: https://urtikaria.net/welche-formen-der-urtikaria-gibt-es/. Zugriff am 31.07.2023.
- Henz, B.M. (1996). Physikalische Urtikaria. In: Henz, B.M., Zuberbier, T., Grabbe, J. (eds) Urtikaria. Springer, Berlin, Heidelberg. URL: https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-642-85241-1_5. Zugriff am 31.07.2023.